EIN FEIND DER NATIONALSOZIALISTEN
Felix Fechenbach war eine Reizfigur für die Nationalsozialisten. Der geborene Mergentheimer jüdischen Glaubens war Journalist, Pazifist und in den Augen der NSDAP ein Feind. Am 7. August 1933 wurde Felix Fechenbach von den Nationalsozialisten erschossen – angeblich bei einem Fluchtversuch. Tatsächlich handelte es sich aber um einen kaltblütigen Mord. Die Ausstellung „Jüdisches Leben in Mergentheim“ im Residenzschloss erzählt vom Leben Felix Fechenbachs und von den Mergentheimer Juden. Sie bietet ein Panorama, das vom friedlichen Zusammenleben und Kooperation bis hin zu Ausgrenzung und Vertreibung reicht.
VON MERGENTHEIM NACH WÜRZBURG
Felix Fechenbach wurde am 28. Januar 1894 als Sohn des Bäckermeisters Noe Fechenbach in Mergentheim geboren. Bereits seit dem 13. Jahrhundert lebten Menschen jüdischen Glaubens in Mergentheim, dank des Schutzes des Deutschen Ordens. Um 1895 stand die dortige jüdische Gemeinschaft in voller Blüte und erlebte mit 280 Personen ihren höchsten Stand. Noch im Jahr 1894 zog die Familie Fechenbach nach Würzburg, wo Felix eine Ausbildung zum Handlungsgehilfen machte. 1912 ging er nach München. Dort sammelte er erste Erfahrungen als Journalist und knüpfte Kontakte zur Sozialdemokratie.
DIE „FECHENBACH-AFFÄRE“
Im Herbst 1914 wurde Fechenbach zum Kriegsdienst eingezogen und schwer am Arm verwundet. Eine Begegnung mit dem führenden SPD-Mitglied Kurt Eisner machte ihn 1917 zum Pazifisten. 1918 nahm Fechenbach an der Novemberrevolution in München teil, die zum Sturz der Monarchie führte. Vier Jahre später warf man ihm Landesverrat vor. Er wurde zu elf Jahren Zuchthaus und zehn Jahren Ehrverlust verurteilt. Der Prozess und das Urteil in der „Fechenbach-Affäre“ war mehr als fragwürdig: Zwar hatte der Angeklagte Akten zum Kriegsausbruch und das Kriegszielprogramm des einflussreichen Abgeordneten und späteren Ministers Matthias Erzberger veröffentlicht – das Material war aber keineswegs brisant und zum Teil schon längst veröffentlicht.
IM ZUCHTHAUS
Aufgrund des öffentlichen Drucks gegen das Urteil durfte Fechenbach das Zuchthaus frühzeitig verlassen. 1926 wurde das Urteil teilweise aufgehoben. „Wißt, daß es Schicksale von Menschen sind, die zermalmt werden von all dem Leid, der Entseelung und Entwürdigung des Zuchthauses. Lest dies Buch und gleitet dann noch gedankenlos über Nachrichten von Zuchthausurteilen in Zeitungen weg – wenn Ihr es könnt“, schreibt Fechenbach in der Einleitung seines Werkes „Im Haus der Freudlosen“. Darin verarbeitete er sein ungerechtfertigtes Urteil und seine Erlebnisse in der Zeit im Zuchthaus.
WIDERSTAND GEGEN DEN NATIONALSOZIALISMUS
Anschließend war Fechenbach im Widerstand gegen den Nationalsozialismus aktiv. Für die Nationalsozialisten wurde er zum ständigen Störfaktor. Als Redakteur für das „Volksblatt“, eine SPD-Zeitung in Detmold, machte er sich seit 1929 einen Namen. Unter dem Pseudonym „Nazi Jüsken“ schrieb er drei Jahre später spöttische Kommentare über die NSDAP und veröffentlichte Interna. Fechenbach wurde Anfang März 1933 auf offener Straße von SA-Männern zusammengeschlagen. Wenig Tage später verhaftete man ihn. In einem Brief schrieb er: „Wenn du einmal hören solltest, ich sei auf der Flucht erschossen worden, dann kannst du sicher sein, es war Mord.“
DER MORD AN FELIX FECHENBACH
Im Juli beschloss man, Fechenbach vom Gerichtsgefängnis Detmold nach Dachau ins Konzentrationslager zu verlegen. Doch dort kam er nie an. Am 7. August 1933 wurde der Mergentheimer erschossen – angeblich bei einem Fluchtversuch während der Überführung nach Dachau. Eine Untersuchung des Falls wurde noch im September eingestellt. Schon die Zeitgenossen vermutete einen politischen Mord. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nahm man die Ermittlungen wieder auf. Das Gericht kam zum Schluss, dass Fechenbach keineswegs auf der Flucht starb – er wurde im Auftrag führender Personen ermordet. Dank widersprüchlicher Aussagen konnte man einige Täter überführen.
1700 JAHRE JÜDISCHES LEBEN IN DEUTSCHLAND
Im Jahr 2021 kann jüdisches Leben in Deutschland auf eine 1700-jährige Geschichte zurückblicken, die im Rahmen eines bundesweiten Themenjahres mit zahlreichen Veranstaltungen beleuchtet wird. In einem Edikt des römischen Kaisers Konstantin aus dem Jahr 321 findet sich die erste Erwähnung von Juden, die im Gebiet des heutigen Deutschlands leben, in der damaligen römischen Stadt Köln. Es gilt als ältester Beleg jüdischen Lebens in Europa nördlich der Alpen. Zahlreiche Monumente in Baden-Württemberg bieten Gelegenheit dazu, sich auf Spurensuche von 1700 Jahren gemeinsamer Geschichte zu begeben.
Im Residenzschloss Mergentheim berichtet die Ausstellung „Jüdisches Leben in Mergentheim“ von der Geschichte der jüdischen Gemeinde Mergentheims. Der Schwerpunkt liegt auf den Schicksalen von Felix und Hermann Fechenbach.
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